Mittwoch, 15. Juli 2015

Opfermythos und Märtyrertum in Griechenland

Die griechische populistische nicht-linke Syriza macht gerade vor, wie man sich im großen Stil in einen Opfermythos hineinstiliseren bzw. hineinmanipulieren kann. Der glücklicherweise gegangene Varoufakis, der auch aus der zweiten Reihe noch seinem Bedürftnis des stillosen Spaltens Europas nachgeht, war, bzw. ist noch immer, ein Meister dieses Faches. Ihm ist es wesentlich zu verdanken, dass halb Europa auf Schäuble und Merkel eindrischt, wie ich es seit Merkel Kanzlerin ist, nie erlebt habe. Mittlerweile wird sogar zu einem Boykott deutscher Waren aufgerufen. Die Syriza hat medial erneut einen fulminanten Sieg eingefahren. Das ist in meinen Augen wesentlich auf folgenden Punkt zurückzuführen:
Tsipras und Varoufakis spielen mit den Medien wie wenn diese ihre Marionetten wären. Und die Medien tanzen willig mit in ihrer Gier nach Clicks. Jede von der Syriza abgesonderte Phrase, jedes teils ekelhafte Wort findet den Weg in sämtliche Zeitungen. Und in allen Zeitungen steht im Endeffekt dasselbe, sogar gleich formuliert. Der Newswert sinkt auf Null. Detailliert auf den Niedergang der Medien, insbesonders der (Online)Zeitungen, werde ich in einem späteren Blogpost ausführlich eingehen. Nur noch so viel: ohne sie wären Tsipras und Varoufakis niemals so groß und (europaweit) stark geworden. Aber das Spiel mit den Medien ist nicht mehr nur Teil populistischer Politik, sondern jeder Politik. Der Kauf von Inseraten mit Steuergeldern ist alltäglich und schert niemanden.

Mit der Syriza kam eine Protestpartei mit berechnenden Menschen, teils Demagogen, an die Macht, deren oberstes Projekt es ist, gegen die EU zu wettern und sich von Europa abzuwenden – zB hin zum homophoben Kriegstreiber Putin. Gleichzeitig wird (absichtlich?!) vergessen, dass man als Bittsteller auftritt und nicht das Recht hat, etwas präpotent zu fordern. Verhandeln: Ja! Aber auf gleicher Augenhöhe, wie es Tsipras selbst immer fordert. Und das heißt auch, dass Griechenland nicht auf die EU, auf seine Gläubiger und Geldgeber hinunterspucken sowie –treten dürfte. Genau das machen die griechischen „Opfer“ aber und vergessen dabei, dass Euro und EU einen Grexit verkraften würden, Griechenland und seine malträtierte Bevölkerung aber nicht. Letztere spielt, so kommt mir vor, weder in Brüssel noch in Athen eine große Rolle – gerade werden vor dem Parlament wieder mal Molotowcocktails geworfen. Das Greferendum war ein totaler Schuss in den Boden und hat nur unrealistische Hoffnungen geweckt.
Unterdessen wird Kritik an Griechenland und Syriza selbst von Gebildeten(?) als Majestätsbeleidigung eingestuft und abgestraft – man darf nicht einmal darauf hinweisen, dass sie mit Rechtsextremisten koalieren. Dieses Abstrafen bedeutet heutzutage entweder man wird ignoriert, somit aus den heiligen Hallen der Likes und Retweets rausgeschmissen, oder beshitstormt. Es scheint nurmehrnoch Extreme zu geben.

Griechenland ist zum Auswanderungsland geworden, die am besten Ausgebildeten versuchen, so schnell als möglich, diesen Failed State hinter sich zu lassen. Zurecht. Denn in Griechenland gibt es keine Zukunft, es ist ein 3.Welt-Land, das dringend humanitäre Hilfe benötigt. Und dabei spielt die regierende Koaltition keine Rolle. Syriza führt das gefährliche Spiel der anderen Parteien der letzten Jahrzehnte weiter, treibt es aber noch auf die Spitze. Und gewinnt an Sympathiewerten, verliert aber beim Verhandeln alles, nicht zuletzt das Vertrauen seiner europäischen (noch-)Partner. Und auch das zurecht. Der Syriza kann man nicht trauen, noch weniger als den anderen Parteien Griechenlands, die über Jahrzehnte hinweg das Land in den Bankrott getrieben haben. Der Nepotismus blüht wie eh und je. Aber an all dem ist man in Griechenland nicht selber Schuld, für alles wird der EU, dem Euro, die Schuld gegeben. Vergessen wird bei alldem ebenfalls gern, dass Griechenland seit den frühen 80er-Jahren die EU als goldene Eier kackende Gans ausnutzt. Das alles zusammen ist Kindergartenniveau, welches von der Syriza genüsslichst perfektioniert wird. Und damit sind sie mittendrin in ihrem geliebten und gehegten Opfermythos bzw. Märtyrertum. Anstatt wirklich etwas für ihr Land zu leisten, geht es diesen Herrn nur um ihr Ego und ihre Ideologie, sie definieren sich über ihr ewiges ideenloses EU-Bashing. Soeben sehe ich, Tsipras droht mit Rücktritt falls seine Partei in Teilen gegen ihn stimmt. Er ist wie ein gefährliches Kind, das in die Welt der Erwachsenen gestolpert ist und sich nix auskennt. Eigentlich ein armer Mensch, der nach seinem Scheitern zurecht in der Versenkung verschwinden wird.

Die Welt soll und darf nur die Bilder der leidenden Bevölkerung rezipieren, die Vergangenheit und Gegenwart des System Griechenland und seiner Politik, muss ausgeblendet bleiben, denn ansonsten wäre es vorbei mit dem Märtyrertum.

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