Nachdem sich mein Leseverhalten in den letzten 12 Monaten stark geändert hat, habe ich einige sehr gute Bücher gelesen. Ich habe ich mich von zeitgenössischer Literatur etwas entfernt und dafür meine Leidenschaft für (Auto-)Biographien und wissenschaftliche Bücher wiederentdeckt. Zwar habe ich schon immer auch feministische Literatur rezipiert, aber was da in letzten Jahren alles herausgekommen ist, ist einfach nur fantastisch. Hervorheben möchte ich parallel dazu aktuelle postkapitalistische und ökosozialistische Literatur, die gleichzeitig immer auch (queer)feministisch ist und sein muss.
Besonders erwähnen möchte ich:
- Petromaskulinität von Cara New Daggett
- Kapitalismus am Limit von Ulrich Brand und Markus Wissen
- Systemsturz: Der Sieg der Natur über den Kapitalismus von Kohei Saito
- Das Märchen vom Grünen Wachstum von Bruno Kern
- Rückkehr nach Reims und Gesellschaft als Urteil von Didier Eribon
- Tax the Richt von Jorgen Randers und Till Kellerhoff
- Die Grüne Lüge von Kathrin Hartmann (das Buch zum augenöffnenden Film)
- Klartext Klima von Sara Schurmann Die Klimaschmutzlobby: Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen von Susanne Götze und Annika Joeres
- Backlash - Die neue Gewalt gegen Frauen von Susanne Kaiser
- (Frauen) Literatur: Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt von Nicole Seifert
- Die Erfindung der Hausfrau von Evke Rulffes
- Not Your Business, Babe!: Alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst von Verena Bogner
- Das Patriarchat der Dinge von Rebekka Endler
- Bullshit Jobs von David Graeber
Zwei Dinge sind mittlerweile glasklar für mich, wie für viele Wissenschaftler*innen und interessierte Leser*innen: der neoliberale patriarchale Kapitalismus ist am Ende, befindet sich in seinen letzten Zuckungen und muss, wollen wir als Menschheit weiter existieren, überwunden werden. Die einzige Lösung hierfür sind eine (feministische) Degrowth-Gesellschaft und Ökosozialismus. Das zweite ist: ebenso ist das Patriarchat am Ende: ansonsten würden obskure Gestalten wie Trump oder Kickl keine Wahlen gewinnen - ihr Erfolg ist einzig ein Zeichen für die Hilflosigkeit von fragilen SUV-Männlichkeiten, die in einer progressiven egalitären feministischen Zukunft den Teufel selbst vermuten. Beide Punkte, also kapitalistische neoliberale Umweltzerstörung sowie patriarchale Umwelt- und Menschenzerstörung, bilden dabei eine Einheit. Der Begriff der Petromaskulinität fasst das perfekt zusammen. Ich übernehme seine Definition kurz und prägnant von Wikipedia:
Petromaskulinität
(von englisch petromasculinity, abgeleitet von Petroleum = Erdöl, und Maskulinität = Männlichkeit)
beschreibt die Verknüpfung von weißer, hegemonialer Männlichkeit mit einem Festhalten an fossilen Brennstoffen, Klimawandelleugnung und Autoritarismus.
Petromaskulinität bedeutet dabei auch immer die Politik für den geringen - weit überwiegend männlichen - Prozentsatz der best"verdienenden" und Vermögen-geerbten Bevölkerung. Diese Schicht lebt auf Kosten der anderen 90% der eigenen Bevölkerung sowie auf Kosten von 100% der Bevölkerung des globalen Südens. Petromaskulinität steht also auch für Neokolonialismus, Rassismus und Rücksichtslosigkeit bzw. Klassenkampf von oben (zu all dem in späteren Posts mehr).
Aktuell erlebt diese Petromaskulinität wieder einen Aufschwung, etwa in Gestalt von Trump, Putin, der FPÖ und ÖVP, der AfD, CSU und FDP, der SVP, der Lega usw. usf., aber auch in Gestalt von Frauen wie LePen und Meloni und ihren Parteien. Wir alle dachten das alles bereits hinter uns, aber der globale (Wieder-)Aufschwung von Krieg, Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und spätkapitalistischem Autoritarismus zeigen leider, dass das umweltzerstörende Patriarchat mit seinen Exponennt*innen doch noch stärker ist als befürchtet. Dieser Wiederaufschwung der Vergangenheit als Backlash wird in erster Linie von fragilen Petromaskulinisten befeuert. Es ist ein Teufelskreis: je mehr Rechte Frauen haben, je egalitärer eine Gesellschaft eigentlich wird, desto mehr wird sie von ewiggestrigen Kräften angegriffen.
In manchen Parteien betont man zwar, dass Klimaschutz wichtig wäre, zeigt dann aber doch mit dem Finger lieber auf China und die USA, bevor man selbst etwas verändert, oder sagt aus Prinzip, dass ja "die Menschen da nicht mitgehen würden" und " man möchte niemanden üBeRfOrDeRn". Und oft scheitern bereits die kleinsten Veränderungen an fragilen männlichen SUV-Egos, wie etwa niedrigere oder überhaupt Geschwindigkeitsbeschränkungen. Diese fragilen SUV-Egos sind es auch, die die so genannten Klimakleber*innen der Letzten Generation verdreschen und beleidigen. Und die friedlichen, aber natürlich unangenehmen, Protest kriminalisieren wollen. Das gipfelt in Präventivhaft(!!!) und Ideen von Anlassgesetzgebung, um diese Menschen nur ja irgendwie hinter Gitter zu bringen. Hier zuckt hilflos die patriarchale kapitalistische Umweltzerstörung in ihren letzten Atemzügen.
Es zeigt sich klar, dass Klimaschutz und Ökologie ohne gesellschaftlicher feministischer Wende - und damit auch mit Klassenkampf gegen oben - genausowenig denkbar sind wie postkapitalistische Gesellschaften bis hin zu Degrowth-Gesellschaften. Denn wie in den oben erwähnten Büchern sehr erhellend nachzulesen ist, ist Kapitalismus ohne beharrender Petromaskulinität nicht denkbar. Um das zu überwinden, müssen wir progressive umweltbewusste Parteien wählen, denn nur diese können uns aus dem kapitalistischen patriarchalen Gefängnis befreien, in dem uns konservative und rechtsextreme Parteien weiterhin einsperren wollen.
In den nächsten Posts werde ich näher darauf eingehen und auch auf den absolut nötigen (feministischen) Klassenkampf, der leider in den 1980er Jahren von den sozialdemokratischen Parteien aufgegeben wurde.
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